Gesellschaftliche Transformation und architektonischer Wandel

Die »Wende« – Weiternutzung und Debatten

So spektakulär 1989 die »Wende« in vielen gesellschaftlichen Bereichen auch verlief, in den Gebäuden des Gauforums vollzog sich der Wandel eher stillschweigend. In die Bauten zog das Thüringer Landesverwaltungsamt ein. Einzelne Gebäudeteile nutzten die Hochschule für Architektur und Bauwesen (heute: Bauhaus-Universität Weimar), die Weimarer Staatskapelle und das Deutsche Nationaltheater. Der zuvor begrünte Platz wurde zum Parkplatz umgestaltet.

Das »Sorgenkind Weimars«, das Mehrzweckgebäude (MZG), blieb der problematischste Ort der Anlage. Verwaltung und Öffentlichkeit debattierten über eine sinnvolle Weiternutzung des überdimensionierten Gebäudes, das seit Mitte der 1990er Jahre leer stand. Investoren interessierten sich für das Objekt – und traten meist kurz darauf zurück.

Die Diskussionen über die Zukunft der Halle stimulierten weiterführende städtebauliche Überlegungen, wie mit dem Gesamtensemble Gauforum inmitten Weimars umzugehen sei. Die Hochschule für Architektur und Bauwesen veröffentlichte 1991 ein Themenheft ihrer Zeitschrift mit dem Titel »Positionen zur Stadtentwicklung aus der Sicht der Hochschule«. Das Bau- und Planungsdezernat der Stadt veranstaltete im April 1991 den Workshop »Verwaltungs-, Kongress-, Handels- und Verwaltungszentrum am Landesmuseum?«, dessen Doppelung im Titel, wohl unbeabsichtigt, das Hauptinteresse signalisierte. Im November 1993 legte das Dortmunder »Büro für Stadtplanung und Stadtforschung« einen Stadtentwicklungsplan für Weimar vor, der auch eine Lösung für die angrenzenden Stadtquartiere suchte. 1998 entdeckte die Stadt das »Zauberwort Stadtentertainment« und dachte sich im MZG eine Mischnutzung von »Kino, Disko, Sport und Kleinkunst« aus. 1999 folgte ein städtebaulicher Ideenwettbewerb mit Überlegungen, die Bauhaus-Universität ins Gauforum zu verlegen.

Der Platz blieb nach 1989 zehn Jahre lang unbenannt. Vorschläge aus der Bürgerschaft, ihn Vimaria-Platz zu taufen und damit an das Schicksal des Ortes im Dritten Reich zu erinnern, blieben unberücksichtigt. Die Namensnennung Weimar-Platz (1999) wirkte auf Viele wie eine eher peinlich-provinzielle Notlösung.